Dienstag, 27. November 2012
Markttag (Teil 2)
Auf dem Weg vom People's Square nach Hause entlang der West Nanjing Road bin ich am Fake-Markt vorbei gekommen.
Ein komplettes Gebäude, 4 oder 5 Etagen, wahrscheinlich 100 Händler pro Etage: Hier findet man (fast) alles:
- gefälschte Abercrombie & Fitch-Pullis
- die aktuellen Fußball-Trikots aus aller Welt
- Poker-Sets
- alle denkbaren Varianten aktueller Handtaschen-Modelle
- DVDs & iPhones
- Brett-Spiele
- und natürlich der Klassiker: die Rolex-Uhr!!
Bei einigen Sachen sollte man aber den Fake-Markt meiden oder hat keinen Erfolg.
Beispielsweise brauchte ich für meine (nicht gefälschte) Armbanduhr einmal eine neue Batterie und dachte, dass mir einer der Uhrenhändler auf dem Fake-Markt sicherlich helfen kann. Wäre auch möglich gewesen, passende Batterien hatten die Händler.
Als ich sie bat, mir doch die Batterie einzusetzen, wurden sie aber auf einmal still und erschraken, als sie die Original-Uhr sahen. Generell sind die Händler oft die einzigen, die Original und Fälschung unterscheiden können.
Auf einmal wollte mir der Händler die Batterie nicht mehr verkaufen und schon gar nicht einsetzen. Es war ihm nicht mehr ganz geheuer. Er meinte offen, dass er keine Lust auf Ärger mit mir hätte, falls mit der Batterie doch etwas faul sei oder die Uhr irgendwann kaputt geht - nicht, dass ich ihn dann dafür verantwortlich mache und ihn zur Rechenschaft ziehen will. Ich versicherte ihm, dass ich die Batterie auf eigenes Risiko kaufen würde, aber er weigerte sich standhaft.
Aber er kannte noch einen anderen Uhrenhändler, der in einer Seitenstraße 50 m vom Fake-Markt entfernt ein eigenes, kleines Reparaturgeschäft betrieb. Nebenberuflich schien er auch noch Schlüssel zu kopieren. Also wurde ich dorthin geschickt und konnte - ohne jegliche Diskussion und Probleme - eine neue Batterie bekommen.
Auch beim DVD-Kauf meide ich den Fake-Markt - die Qualität ist oftmals nicht so gut. Stattdessen gehe ich lieber in einen richtigen DVD-Laden vor meiner Haustür, der einer Videothek in Deutschland nichts nachsteht. Hier muss man zwar etwas mehr zahlen, aber die Qualität ist dafür immer einwandfrei. Und die 1,50 Euro Gesamtpreis pro Film kann ich auch noch verkraften. Aber ich habe ja eh noch genügend Film-Material...
Auf dem Fake-Markt muss man natürlich alle Tricks und Kniffe des Verhandelns anwenden, die nur denkbar sind. Der verlangte Einstiegspreis ist oft 10fach höher als das, was man - nach guter, langwieriger Verhandlung - am Ende tatsächlich bezahlen muss (je nachdem, wie realitätsfremd und blauäugig man den Verkäufern am Anfang erscheint).
Man muss also entsprechend viel Zeit mitbringen, wenn man sich auf dem Fake-Markt eindecken will.
Da ich die Zeit aber eigentlich an dem Tag nicht mehr hatte, ging es weiter auf dem Weg nach Hause.
Station 4: Der Vogelmarkt
Kurz vor meiner Haustür ist am Wochenende regelmäßig ein Vogelmarkt.
Auf dem Gehweg postieren sich viele Händler, die in Käfigen Wellensittiche, Papageien und viele andere Vogelarten mitbringen und verkaufen möchten.
Drum herum werden auch noch Vogelfutter und sonstige Utensilien, die mal mehr und mal weniger mit Vögeln in Verbindung stehen, angeboten.
Anders als beim Fake-Markt interessiert mich hier das Produkt-Angebot leider nicht so sehr, deshalb habe ich das mir nur mal passiv angeschaut und ein paar Fotos gemacht:
Der Tag war somit schnell vorbei.
Auch wenn es noch viele andere Märkte in Shanghai gibt (z.B. der Blumenmarkt, der Künstler- und Bildermarkt, verschiedenste Essens-Märkte, ein Fisch-Markt, ...) , habe ich es für den Tag dabei belassen und die Märkte Märkte sein gelassen.
Ich war schließlich wieder zu Hause angekommen.
Samstag, 24. November 2012
Warme Marathon-Tipps
In einer Woche steigt der Shanghai Marathon.
Nach sechs Jahren Wettkampfpause habe ich mich entschlossen, auf der Halbmarathonstrecke anzutreten und meine persönliche Bestzeit aus dem ersten Rennen zu knacken.
Da trifft es sich gut, dass ich von den Organisatoren jetzt regelmäßig per SMS mit "warmen Tipps" versorgt werde.
Falls sich auch jemand von Euch dafür interessiert, was man so alles vor einem Marathon in Shanghai beachten sollte, hier eine kleine SMS-Auswahl der letzten Tage:
22.11., 21:27:
"Pls make good preparation including training in scientific way, prevention of injury and sickness, ensuring enough sleep n physical strength."
23.11., 21:04:
"Warm tips for SH Marathon: Pls do not litter plastic bags or garbage on the track at the starting line lest athletes behind u stumble during the running."
23.11., 21:18:
"Tips for SH Marathon: Marathon strengthens physique and pleasures body and mind. Let's build a green, environmentally-friendly and civilized track for SH Marathon"
Da kann doch jetzt eigentlich nichts mehr schief gehen!
Mittwoch, 21. November 2012
Markttag
Was ich dabei auf vier Stationen so alles erlebt habe, erfahrt ihr jetzt:
Station 1: Der Supermarkt
Supermärkte in China haben Einiges zu bieten.
Um meinen Kühlschrank aufzufüllen, verschlägt es mich manchmal in den chinesischen Ableger der sonst aus Frankreich bekannten Kette Carrefour. Dort gibt es auf zwei Etagen alles zu kaufen, was man sich denken kann (einzige Ausnahme: es gibt keine Taucherbrillen mit Schnorchel). Deshalb gibt es dort auch jeden Menschenschlag zu sehen, den man sich denken kann. Manch einer reist sogar von etwas Entfernung an, um mal ordentlich einkaufen zu gehen. Nur so lässt sich erklären, dass man hier gelegentlich von Mit-Einkäufern als Ausländer so behandelt wird, wie es sonst nur im Rest Chinas passiert: mit erstauntem Interesse!
Ein freudiger Ausruf "Obama!" mit hoch gerecktem Daumen wurde mir so schon einmal als Zeichen des Gesonnenseins bekundet.
Beim heutigen Besuch habe ich aber mein Augenmerk mehr auf die Frischwarenabteilung gelegt und mich dort - entgegen meiner sonstigen Einkaufsgewohnheiten - etwas intensiver umgeschaut.
Dabei sind mir begegnet:
- Schweine- und Hühnerfüße zum Knabbern:
- Zitteraale direkt neben dem Aquarium für sonstige Fische:
- die Stinkfrucht (Durian) in Massen:
- allerlei weiteres "Knabberzeugs" und getrocknetes Allerlei:
Für die Tierschützer unter Euch und auch alle Anderen verzichte ich auf weitere Bilder mit übereinander gestapelten Schildkröten (lebend und fidel aufeinander herumtrampelnd), die für den Kochtopf vorgesehen sind, Körbe voller Heuschrecken und sonstiger, mir nicht namentlich bekannter Larven.
Wer Interesse daran hat, sollte sich am Besten einfach mal selbst auf den Weg machen!
Es lohnt sich - es gibt viel zu sehen!
Station 2: Der Heiratsmarkt
Nach dem Einkauf ging es weiter.
Bevor Missverständnisse entstehen, eines vorweg: Nein, ich heirate nicht und ich habe es auch nicht in absehbarer Zeit vor.
Ich bin einfach mal so bei schönem Wetter herum gelaufen und im People's Park am People's Square im zentralsten Shanghaier Zentrum gelandet.
Nach ein paar Metern bin ich dann in diese Menschentraube gestolpert:
Vornehmlich ältere Menschen waren hier sehr beschäftigt zu Gange, alle schauten etwas betrübt, manche sogar richtig verzweifelt.
Ich begann, mich unwohl zu fühlen, wusste aber nicht genau, warum.
Meine Blicke schweiften unauffällig umher. Ich versuchte, mir einen Weg durch die Menge zu bahnen.
Dann kam ich in die Nähe dieses Tunnels. Schnell erkannte ich, dass hier an Wäscheleinen zahlreiche Zettel aufgehängt wurden. Jeder Zettel schien zu einem der anwesenden älteren Herren oder einer der älteren Damen, in einigen Fällen auch zu einem älteren Ehepaar, zu gehören.
Ein Blick aus der Nähe brachte weitere Erkenntnisse: Hier hingen Steckbriefe mit mal abwesend schauenden jungen Männern, mal schnittig uniformierten Soldaten oder Polizisten, mal unschuldig blickenden Frauen geboren in den 80ern. Denn meistens war ein Geburtsdatum zu lesen, dazu die exakte Größe und das Gewicht. Oft auch noch viele weitere Informationen, von Hobbies über Blutgruppe bis zu zurück liegenden Krankheiten.
Ich malte mir Einiges aus:
- Handelte es sich um politisch Verfolgte und Vermisste?
- Hat China in den letzten Jahren in einem Krieg zahlreiche Menschenleben verloren, denen gedacht werden muss?
- Sind diese Menschen alle todkrank und können sich die notwendige Medizin nicht leisten?
Letztere These stärkte sich, als ich ein paar Herrschaften in weißen Kitteln hinter einem Stand stehen und agitieren sah.
Irgendwann näherte ich mich dezent einer dieser Wäscheleinen, um ein paar genauere Blicke auf die Zettelchen zu werfen. Plötzlich tauchte eine dieser älteren Damen auf, zeigte ihr bestes Colgate-Lächeln und fing einen langen Monolog an, von dem ich maximal drei Worte verstand.
In dem Moment trat mir ein anderer jüngerer Mann zur Seite, stieß mir in die Rippen und meinte, für die auf dem Steckbrief abgebildete Dame müsste ich nur eine 120 qm-Wohnung im Zentrum Shanghais vorweisen - dann wären die Eltern einverstanden.
So langsam dämmerte es mir, wo ich gerade hinein zu geraten drohte: Ich befand mich auf dem Heiratsmarkt!
Auf einmal ergab alles einen Sinn:
- Eltern, die keine Chance auslassen, um die eigenen Kinder zu verkuppeln und an den Mann oder die Frau zu bringen
- Eltern, die natürlich eine ordentliche Mitgift vom zukünftigen Schwiegersohn in Form einer (abbezahlten) Eigentumswohnung erwarten
- Eltern, die schlechte Laune bekommen, wenn sich niemand mit Wohnung finden lässt oder die Tochter alle in Frage kommenden Kandidaten verschmäht, so dass sie das lokale "Verfallsdatum" für eine normale Hochzeit mit 25 Jahren, bei manchen Eltern vielleicht sogar 28 Jahren, überschritten hat
Als mir das alles schlagartig klar wurde, machte ich mich schnell auf zu meiner dritten Station für heute - und nach ein paar Minuten zu Fuß hatte ich dann auch endlich die Hunderte, ach was: Tausende von Lebensläufen passiert.
Auf mich wartete schließlich noch der Fake-Markt und der Vogelmarkt.
Mehr dazu in einem separaten Post.
Sonntag, 11. November 2012
Digitale Aufrüstung
Doch der Gegner rüstet auf:
Nicht nur der Zugang zur New York Times ist gesperrt, auch die Nutzung von Google mit allen dazugehörigen Diensten und Seiten wird immer weiter erschwert.
Und: jetzt werden anscheinend auch die VPN-Anbieter stärker attackiert.
Hier dazugehörige Artikel von Spiegel Online:
- http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/internet-machtkampf-um-den-parteitag-von-chinas-kp-a-866291.html
- http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/parteitag-kp-schraenkt-google-nutzung-ein-a-866482.html
Als ich mich eben bei meinem VPN angemeldet habe, kam dann auch eine Pop-Up-Nachricht, dass es aktuell in China wegen des Parteitags Schwierigkeiten gibt, die meinen VPN Anbieter genauso treffen wie alle anderen.
Aber es hat jetzt ja geklappt, mich hier anzumelden. Mal schauen, wie lange noch...
Samstag, 10. November 2012
Shanghai Traffic Lesson
Ich bin jetzt auf eine nette Beschreibung des Verkehrsablaufs in Peking gestoßen, die man gut und gerne 1 zu 1 auch für Shanghai durchgehen lassen kann.
Deshalb viel Spaß mit der Shanghai-Beijing Traffic Lesson:
http://soimgoingtochina.blogspot.com/2007/06/beijing-traffic-lesson-left-turn.html
:-)
Sonntag, 28. Oktober 2012
Einmal Internet-Steinzeit und zurück
Jetzt ist es langsam an der Zeit, das etwas genauer zu erläutern.
Grundsätzlich sind erst einmal einige Seiten in China komplett gesperrt. Das betrifft so unpopuläre Seiten wie Facebook, Twitter oder Youtube komplett. Auch dieser kleine Blog von mir ist gesperrt, genau genommen alle Blogs von Standardseiten wie blogspot oder wordpress...So stark bin ich dann doch noch nicht ins Fadenkreuz der Behörden gekommen, dass sie mich individuell blockieren wollen. Im Moment dürften wohl eher die bösen Japaner im Visier stehen (der Inselstreit lässt grüßen).
Dann gibt es Seiten, die grundsätzlich erreichbar sind, die aber manchmal vorübergehend einfach nicht aufzurufen sind. Da wohl nicht immer gerade temporär ein Unterseekabel beschädigt wurde, steckt da mit großer Sicherheit die hiesige Zensursula dahinter.
Das betrifft dann des öfteren mal Google (Yahoo weniger), oder ab und zu auch mal ein Tagesschau-Video über China.
Dann kommt es auch mal vor, dass die Geschwindigkeit des Internets generell im ganzen Land so runter gedrosselt ist, dass man nur noch Textseiten aufrufen kann und möchte. Auch schon passiert ist, dass die beliebtesten chinesischen Webseiten wie Weibo (im Prinzip dasselbe wie Twitter, nur auf chinesisch und mit Regierungsdurchgriffsoptionen) mal für eine Woche vom Netz genommen werden, weil irgendjemand behauptet, das Militär würde in Peking einen Putschversuch starten und der Platz des himmlischen Friedens wäre mit Panzern zugestellt (so in der ersten Jahreshälfte passiert)...
Aber jetzt kommt der Clou:
Das alles kann man ganz simpel umgehen, was auch zwei von drei Ausländern sowie einige westlich orientierte Chinesen machen.
Alles, was man braucht, ist ein VPN (=Virtual Private Network). Davon gibt es glücklicherweise Dutzende. Nicht nur Menschen in China sind offensichtlich bereit, dafür Geld zu bezahlen. Je nach Anbieter, Service und Vertragsdauer kriegt man so für 50-80 Euro im Jahr 100% Internet geboten.
Über den VPN Anbieter wählt man sich virtuell aus einem anderen Land ins Internet ein - vereinfacht ausgedrückt. Das hat dann den Vorteil, dass man nicht nur Facebook benutzen kann, sondern auch z.B. bei den Mediatheken von ARD und ZDF so tun kann, als ob man in Deutschland wäre und brav die GEZ Gebühren bezahlt hat. Sonst kann man auf die Mediatheken & Streams nicht zugreifen.
Dasselbe kann man dann auch in den USA machen und über Hulu die neuesten amerikanischen Serien anschauen. Wenn man denn Zeit hätte und nicht immer noch den Schrank voller DVDs. ;-)
Es gibt auch Leute, die über einen VPN versuchen, günstigere Preise beim Online-Shopping zu finden, z.B: wenn Apple dasselbe Lied in den USA für 99 US-Cent verkauft, in Europa aber für 99 €-Cent. Auch bei Flugbuchungen probiert ab und zu jemand sein Glück.
Blöd dran ist man nur, wenn man auf einmal keinen VPN mehr hat... Mein Abo ist nach einem Jahr ausgelaufen und - irgendwie zu erwarten - da die Seiten von dem Anbieter auch gesperrt war, konnte ich mein Abo nicht neu abschließen.
Deshalb habe ich mich in den letzten Wochen ein wenig wie in der Internet-Steinzeit gefühlt. Einträge hier konnte ich deshalb auch nicht machen. Den letzten habe ich schnell aus Vietnam zusammen geschustert, wo trotz ebenfalls noch "kommunistischer" Führung Facebook & Co. frei zugänglich sind.
Jetzt habe ich es aber endlich geschafft, ein neues Abo abzuschließen und mich somit aus der Zensur zu befreien - juhuuu!!
Es werden also wieder in Zukunft ein paar Posts von mir kommen, z.B. über Vietnam, das Shanghai ATP-Tennisturnier, eine Geschichte über Sauerkraut und den Shanghai Marathon.
Samstag, 6. Oktober 2012
Buchtipp
Geschrieben nach einem Jahr in Shanghai - passt also genau, nachdem ich jetzt auch ein Jahr hier bin!
Ich habe in das Buch mal kurz rein gelesen, und erschreckend vieles genau so oder ähnlich erlebt, die Orte besucht, etc. etc.
Das ein oder andere Thema deckt sich sicherlich auch mit meinen Geschichtchen.
Deshalb: Wer gerne mehr und öfter "Blog" haben will als ich hier zur Verfügung stelle, kann sich dieses Buch kaufen - und das auch nicht von jemandem wie mir, der wahllos Worte zusammen klaubt, geschrieben ist, sondern von einer professionellen Journalistin.
Dienstag, 25. September 2012
Outing Reloaded
Nun gibt es eine Fortsetzung.
Nein, ich war nicht noch einmal im Süden Chinas in der Karstlandschaft; aber es hat wieder ein Firmen-Outing stattgefunden!
Da in diesem Jahr etwas gespart werden muss, ging es nicht noch einmal mit einem Flugzeug irgendwohin, sondern es wurden ein paar Busse gechartert.
In diesen wurden wir für ein Wochenende nach Anji, etwa 4 Stunden von Shanghai entfernt, gekarrt.
Aber auch hier war die Landschaft durchaus beindruckend: Die Hügel mit riesigen Bambuswäldern waren mal wieder eine schöne Abwechslung zu Shanghai. Dazu frische Luft und ein ausgiebiger Besuch in den örtlichen Hot Springs waren auch nicht ganz verkehrt.
Ein kleine Anekdote am Rande:
In dem norwegischen Buch, das ich gerade an dem Wochenende angefangen hatte zu lesen (Jo Nesbo: Der Leopard), wurde bei einem Mordopfer in der Küche u.a. der berühmte Anji Bai Cha (weißer Tee, eine Spezialität der Region), gefunden.
Das in Anji zu lesen gibt dem Buch gleich etwas mehr Tiefe! :-)
Viele weitere Anekdoten gibt es über Anji - anders als letztes Jahr aus Guilin - nicht zu erzählen.
Nur eins: in einem kleinen abendlichen Tischtennis-Doppel-Duell haben zwei gewisse Deutsche gegen ein chinesisches Duo Revanche für die Halbfinal-Niederlage bei den olympischen Spielen genommen - da haben die chinesischen Beobachter große Augen gemacht (ja, das ist auch manch einem Chinesen physiologisch möglich... ;-) ).
Sonntag, 23. September 2012
Oktoberfeste in China
Nicht nur in München wird wieder ordentlich gebechert, auch China hat die Schunkel-Welle erfasst.
Es wimmelt nur so von Oktoberfesten.
Für Shanghai gibt es sogar eine eigene Webseite:
http://www.oktoberfestshanghai.com/
Das Erste aus der Liste habe ich im August noch verpasst. Aber letzte Woche habe ich es mir auch nicht nehmen lassen, mal die chinesische Variante der Deutschtümelei zu erleben. Denn es waren tatsächlich auch sehr viele Chinesen im eigens aufgebauten Festzelt dabei, die auf ihre Weise unterhalten werden wollten.
Und es wurde einiges geboten:
- konsequent blau-weiße Deko:

- eine original bayrische Blasmusikanten-Truppe
- ein Schuhplattler-Quartett:
- eine deutsche Band, die aber auch chinesische Lieder zu interpretieren wusste
- zünftiges deutsches Essen und Weihenstephan-Bier
- und noch ein paar Show-Elemente, die nur im tiefsten Bayern bekannt sein können, denn auch für mich war das neues "Kulturgut":
Es ging weiter mit dem "Triumphmarsch" des Spanferkels, dass abgemagert wie es aussah am Zelteingang vor einem Elektrogrill vor sich hin brutzelte. Zwei starke Teutonen brachten das Schwein zu fortgeschrittener Stunde ins Zelt, gefolgt von einer bunten Gruppe chinesischer Köche (sie hatten zumindest ein paar Kochhüte auf), die - auch im Rhythmus der Musik -, mit Kellen auf die Rückseite von Pfannen geschlagen haben. Was diese Variante des "Topfschlagens" bedeuten soll, habe ich noch nicht verstanden.
Dass es aber fast wie auf einem Kindergeburtstag zuging, wurde ein paar Minuten später immer offensichtlicher: Die multi-talentierte Schuhplattler-Truppe brachte zwei ordentliche Baumstämme in das Festzelt, holten ein paar Äxte und Sägen hervor, und begannen - natürlich: im Takt der Musik! - auf das wehrlose Stück Holz einzuschlagen. Als ob das Spanferkel noch weiter mit frischem Brennholz versorgt werden musste...
Kein Wunder, dass die Oktoberfest-Fangemeinde in China immer größer wird. Entsprechend nimmt auch die Popularität von Dirndl und Lederhose hier zu Lande von Tag zu Tag weiter zu.

Nach diesem großartigen Erlebnis habe ich heute direkt noch einmal zugeschlagen und mir Tickets für die nächste Runde Oktoberfest im nächsten Monat - dann in der hiesigen Paulaner Hauptfiliale - besorgt.
Das kann dann im nächsten Jahr nur noch mit einem Besuch in Qingdao gekrönt werden: Die unbestrittene Bierhauptstadt Chinas und Heimat des Tsingtao-Biers (eines der meistgetrunkenen Biere der Welt, basiert schließlich auch auf den Rezepturen deutscher Braumeister, die unter Kaiser Wilhelm nach China zur sanften "Kultur"-Revolution von unten geschickt wurden) veranstaltet jedes Jahr das größte Bierfest in China.
Prost!
Montag, 3. September 2012
Das große DVD-Sammeln
Bei manchen Dingen führt das dazu, dass gar keine Originale mehr zu bekommen sind. Das beste Beispiel dafür: DVDs!
Es gibt sie an jeder zweiten Straßenecke, angeboten von fliegenden Händlern oder in Läden, deren Aufmachung und Film-Sortiment keiner Videothek in Deutschland nachsteht.
Der einzige gravierende Unterschied in diesen Läden ist der Preis.
Der neueste Film kostet hier in der Premium-Ausgabe max. 1,50 Euro. Ok, für eine Bluray-Version kommt vielleicht noch mal etwas drauf. Damit wir uns nicht missverstehen: Das sind keine Preise zum Ausleihen, sondern zum Kaufen.
Kein Wunder also, dass manch einer hier der großen Film-Sammelleidenschaft erliegt. Ich hatte mich bislang noch relativ moderat verhalten. Habe ich jedenfalls jetzt gemerkt, als ein Freund aus Shanghai zurück nach Deutschland gezogen ist: Seine Hinterlassenschaft waren nämlich ein "paar" Filme:
Von diesem Erbe werde ich wohl lange zehren können. Für ungemütliche Herbst- und Winterabende habe ich nun auf jeden Fall ausreichend Entertainment zur Auswahl.
Sonntag, 19. August 2012
Shanghai Fashion: Bauchfrei & Oben Ohne
Viele denken sich offensichtlich, dass ein luftiger Schlafanzug nicht mehr ausreicht, um gegen die Hitze anzukommen. Umso öfter sieht man also Männer, die sich ihr T-Shirt nach oben rollen, um dem Bauch-Nabel etwas mehr Frischluftzufuhr zu gewähren:
Manch ein Zeitgenosse bewegt sich sogar beim Sport von einem Punkt zum anderen.
Dabei ist natürlich ein kleiner Bierbauch von Vorteil, der das T-Shirt halb-oben in der richtigen Position hält.
Wer keinen Bierbauch hat, der das T-Shirt hochhalten könnte, oder sich auch dem Rest seines Oberkörpers nicht schämt, greift zu noch gewiefteren Mitteln und entledigt sich seines T-Shirts einfach komplett.
Ob am hellichten Tag, in der Nacht, auf der Straße oder in der U-Bahn-Station - alles ist möglich:
Sollten demnächst auch die Hosen fallen: Ich halte euch auf dem Laufenden und werde meine Handy-Kamera zücken! :-)
Taifun: was von ihm übrig blieb
Ich war ja in Deutschland und habe selber nur aus dem heute-Journal erfahren, dass auch in Shanghai 250.000 Menschen evakuiert worden sein sollen.
Jetzt bin ich seit ein paar Tagen wieder in Shanghai. Große, nachhaltige bleibende Schäden konnte ich bislang noch nicht entdecken. Ein paar Bambuspflanzen sehen jetzt zwar eher aus wie der schiefe Turm aus Pisa als wie eine Bambuspflanze.
Mein Hab und Gut ist weder geflutet noch weggeweht worden. Ich habe nur gerade gemerkt, dass die Satellitenschüssel keinen Empfang mehr hat.
Auch von den evakuierten Menschen habe ich persönlich noch keinen getroffen - was natürlich nicht heißen muss, dass es nicht tatsächlich 250 Tausend Personen getroffen hat. Bei 20 Millionen Einwohnern kann man ja nicht jeden kennen.
Im Großen und Ganzen kann ich Euch aber eines geben:
Entwarnung!
Vom Taifun ist nicht viel übrig geblieben.
Donnerstag, 9. August 2012
Taiwan!
Da es ein rein geschäftlicher Trip war, hatte ich wenig Zeit, mir etwas anzuschauen. Einen Abend habe ich es aber zumindest zum ehemals (bis 2010) höchsten Gebäude der Welt geschafft und es - mit dem schnellsten Fahrstuhl der Welt (1010 m/s) - erklommen.
Hier einige Bilder vom Taipei 101 (so benannt, da es 101 Stockwerke besitzt):
Meine Eindrücke von Taipei (der Hauptstadt Taiwans) ansonsten:
Wie auch in Hong Kong läuft alles etwas geordneter als auf dem chinesischen "Mainland" ab. Die Leute warten bei rot tatsächlich an den Ampeln. Ich bin schon unangenehm aufgefallen, als ich als Einziger halb auf der Straße stehend darauf gewartet habe, dass es für Fußgänger grün wird, so dass ich mich dann schnell auch ordentlich auf den Gehweg gestellt habe.
Taipei ist auch insgesamt vergleichsweise grün mit vielen Alleen, zahlreichen bewaldeten Hügeln rund um die Stadt, die zu ausgiebigen Wandertouren einladen könnten.
Das Klima ist ganz schön heiß (kurz vor 20 Uhr waren es noch 31 Grad), aber etwas trockener als in Shanghai. Ich konnte jeden Tag einen strahlend blauen Himmel erkennen - auch ein ziemlicher Unterschied. Die Vegetation ist schon deutlich tropisch.
Und Bubble Tea (wurde ja in Taiwan erfunden) gibt es auch an jeder Ecke.
Deutsche Zeitschriften
Als ich vor ein paar Tagen etwas auf einen Zug warten musste, bin ich in einen Zeitschriftenladen marschiert und habe mal ein bißchen das aktuelle Angebot dort studiert. Eigentlich müsste man ja denken, dass es immer weniger Zeitschriften gibt, weil das Internet viel günstiger, schneller und umfangreicher Informationen verteilt.
Mein Eindruck war aber: weit gefehlt.
Und es sind nicht nur die 30-40 Arzt- und Oma-Tratsch-Zeitschriften, die es schon immer gab, die da herum liegen.
Sondern viele, ganz offensichtliche Nischenprodukte, deren Nische man noch nicht einmal auf den ersten Blick nachvollziehen kann und von denen ich erwarten würde, dass sie eher online überlegen könnten.
Hier eine kleine Auswahl dessen, was mir so begegnet ist:
Der Untertitel von Päng: Für die Wirklichkeit gibt es keinen Ersatz! Ahah - na logisch...
Ganz klar: Internet doesn't kill the print magazine!
Donnerstag, 5. Juli 2012
Seoul!
Dieses Mal stand an: Das Drachenboot-Fest!
Da die schönen Orte in China an Feiertagen stets chronisch überlaufen sind, half dieses Mal nur eines: raus hier! Also ging es kurz über das Meer nach Seoul.
Seoul, das heißt: Hauptstadt, Olympia-Stadt, 20-Millionen-Menschen-Metropole.
Aber auch: Einige historische Palast- und Tempelanlagen, viele individuelle Restaurants & Cafés - aber auch der spürbare Atem von Nordkoreas Diktatoren nur gut 60 Kilometer weiter nördlich.
Das eigentlich Highlight des Wochenendes sollte ein Besuch in der DMZ, der demilitarisierten Zone, direkt an der Grenze nach Nordkorea werden. Aber das sollte nicht klappen: Da man sich relativ lange vorher bei der UN mit Passport und Reisegruppe für eine Tour dorthin anmelden muss, womit ich als nur kurz Kalter-Krieg-Erprobter nicht gerechnet hatte, hat mich keine Tourgruppe mehr mitnehmen wollen (oder dürfen).
Stattdessen bestieg ich dann aber zumindest den Bukaksan-Hügel in Seoul. Das Besteigen des Bukaksan war bis vor wenige Jahre komplett verboten. Mittlerweile darf man hinauf, allerdings nur unter Auflagen: Anmeldung mit Pass, Tragen eines individuellen Ausweises, keine Fotos auf fast der kompletten Wegstrecke, überwacht von regelmäßig wartenden Armee-Soldaten. Grund des Ganzen: Die Regierungsgebäude in Seoul grenzen unmittelbar an den Bukaksan. Vor einigen Jahrzehnten nutzten dies ein paar nordkoreanische Spezialeinheiten, um über die Hügelseite auf das Gelände der Regierung einzudringen und ein Attentat auf den damaligen Präsidenten zu verüben. Nach der Vereitelung wurde der Berg bis vor Kurzem gesperrt.
Heute bietet er auf der einen Seite den Blick auf etwas höhere Berge und Natur, auf der anderen Seite auf Seoul-City und -Umgebung. Nur das Regierungsgebiet ist sichtgeschützt.
Der Bukaksan ist aber nicht nur aus aktueller politischer Perspektive interessant, sondern auch historisch. Ende des 14. Jahrhunderts wurde hier eine lange Stadtmauer gebaut, von 200.000-300.000 Menschen, die das Werk in gut 2 Monaten vollendeten. Als Vergleichszahl: Zu der Zeit lebten in Seoul weniger als 100.000 Menschen!
Heute hat die Stadtmauer vor allem ein Gutes: ab und zu bietet sie Gelegenheit, um doch schnell ein unerlaubtes Foto zu schießen: ;-)
Aber nun vielleicht zu etwas schöneren Motiven!
Gelegenheit, in etwas entspannterer Atmosphäre Fotos zu machen, bot der alte Königspalast Gyeongbokgung.
Ich traf gerade rechtzeitig zu einer Wachablösung ein:
Der Palast erinnert mich stark an die verbotene Stadt in Peking. Ein sehr großes Gelände, verschiedenste Höfe, große Freiflächen und Plätze, unzählige traditionelle Gebäude:
Einen großen Unterschied zur verbotenen Stadt gibt es aber: Der Palast ist bei weitem nicht so überlaufen und voll.
Ein paar Menschen begegnet man aber doch. So konnte ich direkt eine Freundschaft mit diesem jungen Herren hier schließen:
Es sollte nicht das einzige Mal an diesem Tag bleiben, dass ich von irgendwelchen Schülergruppen angesprochen wurde und ein paar Fragen auf Englisch beantworten sollte, mit anschließender Foto-Session oder wahlweise einer Tonbandaufnahme. Anscheinend sind mehrere Schulen in Seoul gerade angestachelt worden, eine Umfrage unter den Ausländern in der Stadt zu machen. Die Fragen waren nahezu dieselben.
So konnte ich neben diesem schönen Foto auch noch ein paar Kekse von einer anderen Gruppe ergattern. Damit hatte sich die Reise also schon nahezu amortisiert! ;-)
Wer sich schon mal gefragt, was denn eigentlich genau mit der Berliner Mauer nach dem Abriss passiert ist, dem kann ich jetzt aus Seoul auch (einen Teil) der Lösung geben:
Die Mauer lebt, ähhh, steht heute in Seoul!
Der Beweis:
Ansonsten habe ich am Wochenende auch noch die lokale Küche ausprobiert.
Hier sieht man einen typischen koreanischen Grill:
Lecker!!
Sonntag, 24. Juni 2012
Stadt der Kontraste
Im Feierabendverkehr blockierten sich ein paar Limousinen gegenseitig. Mittendrin ein anderer Verkehrsteilnehmer, der seine ungetüme Ladung noch per Muskelkraft von A nach B transportiert.
Shanghai - Stadt der Kontraste:















































