Ich war jedoch "beruflich" und mit vielen Kollegen für ein abteilungsübergreifendes "Outing" da (das Wort wird hier tatsächlich so für eine Firmenreise benutzt - bevor jemand etwas anderes denkt...). Da der Rückflug netterweise erst am Sonntag Abend ging, blieb also viel Zeit für Sightseeing.
Erstes Highlight war allerdings nicht die schöne Landschaft, sondern ein Besuch auf der Polizeistation. Grund hierfür war, dass sowohl ich als auch ein anderer deutscher Kollege gerade unsere Pässe in Shanghai bei den Behörden abgegeben hatten, um unsere Arbeitserlaubnis zu bekommen. Wir hatten zwar einen sogenannten "Travel Slip" im Gegenzug bekommen, mit dem wir uns in China wie mit einem Pass hätten bewegen können sollen - das war aber dann leider doch nicht so. Die Airline hatte den Wisch noch akzeptiert, das Hotel jedoch nicht. Ihrer Meinung nach wäre der Zettel nur in Shanghai und vielleicht auch Peking gültig, definitiv aber nicht bei ihnen in Guilin. Nachdem wir dann mehrfach gebeten wurden, doch unseren richtigen Pass zu zeigen, woraufhin wir abwechselnd erklärten, dass der Zettel im Moment unser Pass sei, wurden wir zur Polizei geschickt.
Unser Aufpasser auf dem Weg dorthin wollte mit uns in einem öffentlichen Bus fahren. Als nach 10 Minuten kein Bus in Sicht war, aber die Polizei in 30 Minuten zu schließen drohte, stoppte er kurzerhand einen Rollerfahrer, der noch einen Platz hinter sich frei hatte und bereit war, kurz Taxi für uns zu spielen. Aber wir waren ja zu dritt. Schnell war dieselbe Verhandlungsszene mit einem anderen Rollerfahrer noch einmal wiederholt. Ein dritter Rollerfahrer war aber nicht aufzutreiben. Der Aufpasser zeigte uns, wir sollten uns trotzdem schon mal abfahrbereit machen und auf die Roller aufsteigen, damit es dann gleich los gehen könne. Kaum saßen wir, rief er irgendetwas energisch den Fahrern zu, sprang als dritter Passagier auf meinen Roller mit auf - und bevor ich mit einem Abstieg protestieren konnte, waren wir schon auf Höchstgeschwindigkeit hochbeschleunigt!
Diesen Augenblick inklusive meiner perplexen Entrüstung hat mein Kollege sogar mit seiner Kamera gebannt - ich möchte Euch das Bild nicht vorenthalten:
Als wir bei der Polizei angekommen waren, wurden wir von einem Schalter immer zum nächsten weitergereicht, weil keiner genau wusste, was wir denn nun eigentlich von ihnen wollten und verlangten. So wichtig war unsere Registrierung bei den lokalen Behörden also wirklich... Als wir die Reihe durch waren, wurde schließlich der Chef aus dem Hinterzimmer geholt. Der sagte irgendwas, danach tippte die Beamtin ein paar Minuten wild in die Tasten, druckte ein Papier aus, gab es unserem Aufpasser - und wir waren wieder frei...
Zweites Highlight war dann aber doch die Fluss- und Hügel-Landschaft. Bevor ich viel beschreibe, lasse ich einfach mal lieber ein paar Bilder für sich sprechen:
Das dritte Highlight bestand in der Besteigung des Moon Hills. Dahin machten wir uns mit einem geliehenen Fahrrad auf den Weg.
Der Moon Hill ist deshalb ein besonderer Hügel unter den Tausenden Hügeln um Guilin, weil er ein großes Loch in der Mitte hat. Das Loch erinnert vage an eine Mondsichel, weshalb wohl der Name entstanden ist.

Bevor man mit dem Aufstieg beginnen kann, läuft man an einem Eintrittskartenhäuschen mit einem großen Schild vorbei, dass u.a. Klettern am Moon Hill strikt untersagt:
Das war für uns soweit auch kein Problem, wir wollten ja nur den Moon Hill aus der Nähe sehen. Oben angekommen, konnten wir tatsächlich eine schöne Aussicht genießen. Nach kurzer Zeit liefen wir auf die Rückseite des Moon Hills. Dort merkten wir dann, dass wir nicht ganz alleine dort oben waren. Von irgendwo kamen vertraut-fremde Klänge: Schwyzerdütsche Stimmen drangen an unsere Ohren! Aber von wo? Rund um die eigene Achse ließ sich niemanden erblicken. Erst als wir den Blick weiter nach oben richteten, sahen wir jemanden eifrig im Fels kraxeln (der kleine Punkt in der Mitte):

War ja klar, dass es nur unsere lieben Nachbarn sein können, die sich - kaum dass sie etwas sehen, was annähernd wie ein Berg aussieht - in die Illegalität begeben, um da rauf zu klettern.
Highlight Nr. 4:
An der Flusspromenade sitzend, schrie auf einmal jemand von hinten "Hey you! YOU!", woraufhin ich mich unweigerlich umdrehte. Das brachte den Mann aber noch nicht zur Räson. Stattdessen rief er "No, not you! I mean YOU", wobei er auf meinen Nebenmann deutete. Als ich ihn anstieß und auch er sich umdrehte, legte der Amerikaner erst richtig los: "Are you Ben Affleck? No, you must be really...!!?? Are you, are you Ben Affleck??".
Wohlgemerkt: Der Mann war mind. 20 Meter entfernt von uns, wir waren nur mit dem Rücken ihm zugewandt.
Die Antwort meines Kollegen: "Yes, of course, I am. And this is Brad Pitt!" Dabei zeigte er - natürlich - auf mich.
Jetzt war der Ami auf einmal richtig in seinem Element: "Noooo wayyyy! Are you really?! May I come closer? You must be kidding me, aren't you?" In der Zeit lief er bereits die Hälfte der Treppenstufen zwischen ihm und uns herunter. Er schaute noch einmal auf, plötzlich erkannte er die langweilige Wahrheit: "No, you are kidding me! Man, I was nearly sure you are Ben Affleck. You look exactly like him!"
Um die Autogramme kam sowohl Ben als auch ich herum.
Das fünfte und letzte Highlight:
Nachdem wir so euphorisch von einem Amerikaner als Filmstars gefeiert wurden, gingen Ben und ich beschwingt kurz vor dem Rückflug noch ein letztes Mal durch Guilin. Dabei wurden wir aber schnell wieder auf die Boden der Tatsachen zurückgeholt. Wir mussten feststellen, dass uns auf den Straßen kein roter Teppich ausgerollt wird, sondern dass die Verkehrssitten hier leider auch rau und unbarmherzig sind - wie überall in China (egal ob Chinese, Ausländer oder sogar Filmstar). Ein Auto, das mich fast überfahren wollte, hat das auch noch durch einen sehr eindrucksvollen Aufkleber mit einer Hand darauf unterstrichen:
Schön, wenn man so herzlich willkommen geheißen wird in einer fremden Stadt!
Für mich war das aber eher ein Zeichen zum Aufbruch - das Flugzeug wartete. Am Flughafen konnte die Sicherheitskontrolldame wieder nichts mit dem "Travel Slip" anfangen und fragte noch viermal nach meinem Pass. Dasselbe Frage-Antwort-Spiel wie im Hotel ging also wieder los. Wie bei der Polizei musste am Ende der Chef gefragt werden, der zum Glück schon mal was von dem Papier gehört hatte und mich durch die Kontrolle und ins Flugzeug einsteigen ließ.
Nach 2:45 Stunden Flugzeit waren wir alle wieder zurück in Shanghai (ja, dieses Land ist tatsächlich sehr groß!).






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