Vor 8 Tagen war es also so weit: ein Formel 1-Rennen in Shanghai!
Warm-Up
Doch los ging es eigentlich schon am Donnerstag Abend davor. Gerade auf dem Heimweg von der U-Bahn zu meiner Wohnung wollte ich lediglich noch über die letzte Straßenkreuzung gehen, da fiel mein Auge auf die Heerscharen an ungewohnten Passanten. Genau genommen ist Passanten das falsche Wort, denn die Leute standen vor allem rum, und zwar vor einem international bekannten 5-Sterne-Hotel. Als ich dann doch nicht den direkten Weg zu meiner Wohnung einschlug und den, das zeichnete sich immer klarer ab, vor allem weiblichen Gaffern (oder Groupies?) näher kam, fand ich schnell heraus, dass ein gewisser Fernando Alonso hier scheinbar Unterschlupf gefunden hatte. Auf die Frage, wann er denn käme, sagten sie nur, dass es wohl noch sehr lange dauern werde. Doch weit gefehlt: 2 Sekunden später schritt er aus der Empfangshalle und begab sich direkt in ein wartendes Auto! Meine Güte, war das aber aufregend - und alles nur 100 Meter von meiner Wohnung entfernt... ;-)
Am nächsten Morgen - dieses Mal auf dem Weg zur Arbeit: derselbe Ort, dasselbe Spiel. Allerdings waren es doch deutlich weniger Leute. Dafür waren aber auch "waschechte" Finnen dabei, wie man zumindest in Anbetracht Ihrer Flaggen hätte denken können.
Qualifying
Da die Tickets für das ganze Wochenende gültig waren und ich noch nie
ein Formel 1-Rennen live gesehen hatte, wollte ich natürlich alles
auskosten und auch schon das Qualifying sehen. Also ging's am Samstag schon einmal zur Rennstrecke, die streng genommen gar nicht mehr in Shanghai liegt, sondern ungefähr 30-35 km (vom Zentrum) entfernt.
Auch hier zeigte sich die Begeisterung, die europäische Rennfahrer in China auslösen können. Viele spanische Flaggen, viele finnische Flaggen - das überraschte mich nicht mehr. Aber: Auch der deutsche Formel 1-Gott wurde von vielen Fangruppen hofiert und bedingungslos unterstützt - der Mythos "Michael Schumacher" lebt!
Wahrscheinlich beflügelt von der unglaublichen Solidarität halb Chinas mit "unserem" Schumi fuhr er dann doch auch tatsächlich in die erste Startreihe, nur noch übertroffen durch Nico Rosberg. Die Meldung, die auf Sport1 verbreitet wurde, dass Mercedes durch eine neue Flügel-Konfiguration "beflügelt" wurde, ist also nur die halbe Wahrheit!
Auf alle Fälle ließ es sich aus deutscher Sicht also gut an (auch wenn Sebastian Vettel auf Platz 11 - laut Sport1 setzte er auf eine neue Auspuffkonfiguration - etwas enttäuschte).
Rennen
Da es Samstag Abend regnete, waren wir erst einmal froh, dass es am Tag darauf beim Rennen trocken blieb. Schließlich hatten wir unsere Rasenplätze ohne Überdachung schon am Samstag inspiziert und wussten, worauf wir uns eingelassen hatten. Die Schlammpartie am Beobachtungshang blieb also aus. Auf der Tribüne links von uns hatte sich anscheinend halb Finnland eingefunden (geschätzte 50 Flaggen wurden geschwenkt), weitere Alonso-Groupies waren wie wir auf den billigen Plätzen und auch ein Teil der Schumi-Gemeinde hatte sich an diesem Tag direkt bei uns eingefunden. Das führte auch zu einem großen Wehklagen und kollektivem Aufstöhnen, als der einzige Auto-Ausfall des gesamten Rennens in unserer Kurve publik wurde (gesehen hat man davon live nichts): Ausgerechnet Schumi musste ausscheiden, und das auch noch, weil ein Mechaniker beim Reifenwechsel eingeschlafen war und das Rad nicht richtig befestigt hatte. Da wir das im Detail alles nicht ganz verstanden hatten, half uns ein kurzer Anruf aus Deutschland, in dem der sachverständige RTL-Kommentar ("Wir wissen auch nicht, was passiert ist") an uns weitergegeben wurde. Danke RTL! (hätte ich Kai Ebel persönlich gesehen, hätte er es auch direkt zu hören bekommen)
Sehen konnte man aber ansonsten in unserer Kurve Einiges:
Am Ende der längsten Gerade des Kurses gab es in der engen 180-Grad-Kurve (siehe Bild) einige Überholversuche, Bremsproblem etc.. Nachdem Sebastian Vettel sich bis kurz vor Schluss noch auf Platz 2 vorgearbeitet hatte, konnten wir in zwei aufeinander folgenden Runden sehen, wir er jeweils genau vor unserer Nase einfach überholt wurde - trotz der neuen Auspuffkonfiguration...
Aber es gab ja immer noch Nico Rosberg, der einen ungefährdeten Sieg
herausfuhr. Die deutsche Nationalhymne erklang aus den Lautsprechern und
das deutsche Bier wurde schnell aus allen Verkaufsständen herausgeholt und teilweise zum Schnäppchen-Abverkaufspreis feil geboten. Ob allerdings das weltberühmte "Paderborner" selbst bei Rabatt-Preisen viele Anhänger gefunden hat, bezweifle ich stark.
Siegesfeier
Nach dem Rennen stand noch kurz die Überlegung im Raum, zur offiziellen Formel 1-Team Party in einem einschlägigen Club in der Innenstadt zu gehen. Im letzten Jahr hatte sich dort das eigentliche Highlight des Renn-Wochenendes, das noch
vor wenigen Wochen Schlagzeilen produziert hat, zugetragen. Um aber nicht selbst in derartige Aktionen verwickelt zu werden und weil wir schon genug Formel 1 an dem Wochenende gesehen hatten, haben wir das dann aber doch gelassen. Dem Hören nach soll Fernando Alonso dort übrigens auch zugegen gewesen sein. Ob ihn seine Groupies bis dorthin verfolgt haben, konnte mir allerdings niemand sagen.