Sonntag, 8. April 2012

Qingming-Totenfest

Am vergangenen Wochenende durfte ich wieder arbeiten. Ich hatte ja fast noch mit einem April-Scherz gerechnet, als es hieß, Sonntag, der 1. April würde gearbeitet werden. Nach der Erfahrung mit dem 31.12. rechnete ich aber im Innersten nicht mehr wirklich damit, dass dies ein Scherz sein könnte.

Schließlich stand wieder ein Feiertag vor der Tür: Das Qingming-Fest, an dem den Toten gedacht und geopfert wird und die Friedhöfe in Scharen ganzer Familien besucht werden.
Dabei ist mir aufgefallen, dass es in Shanghai gar keine Friedhöfe gibt. Meine Recherchen haben nun aber zu Tage gebracht, dass der Staat nur in bestimmten Gegenden außerhalb von Großstädten Friedhöfe erlaubt, die dann aber gigantische Ausmaße annehmen müssen (mit eigenen Augen habe ich sie aber noch nicht gesehen). Also brechen die versammelten Nachfahren der Verstorbenen zu einem Tagesausflug auf, um zu den teilweise wohl 2 bis 3 Stunden außerhalb gelegenen Grab-Arealen zu kommen.
Da werden dann ein paar Leckerlis für die Geister der Verstorbenen abgeliefert und dazu "Geld" für den Geldgott verbrannt. Dazu jedoch direkt ein Hinweis: Die Chinesen sind natürlich so clever, dass kein echtes Geld mehr verbrannt wird, sondern nur irgendwelche Papierschnipsel - wahrscheinlich halten sie den Geldgott weder für allwissend noch allmächtig...
Es gibt auch nicht wenige Familien, die sogar noch cleverer sind, und gar nicht am Feiertag die Tour zu den Gräbern machen, sondern einfach an irgendeinem anderen passenden Tag. So geht man den verstopften Straßen zu den wenigen Grabstätten aus dem Weg und muss sich den Weg zum Familiengrab nicht freiboxen.

Auf dem Rückweg gilt es dann, die Geister abzuschütteln. (Aber-)gläubige Chinesen sind der Auffassung, dass die Geister der Verstorbenen gerne wieder mit ihren Familien zurück nach Hause kommen möchten. Das ist wohl auch ein wichtiger Grund dafür, dass so ein großer Sicherheitsabstand zwischen Grabstätten und bewohnten Gegenden gelegt wird.
Damit die Geister also nicht die Lebenden bei ihrem Tag- oder Nachtwerk nach dem Qingming-Fest weiter belästigen und für Unruhe im Haushalt sorgen, müssen diese auf dem Heimweg abgehängt werden. Das kann man dadurch schaffen, indem man in eine sehr belebte und mit vielen Menschen bevölkerte Gegend fährt oder geht. Dann verlieren die Geister ihre Nachfahren nämlich schnell im Getümmel aus den Augen.

Um das zu schaffen, gibt es verschiedene Strategien. Die beliebteste (und zumindest aus Frauensicht auch wieder sehr clevere) ist, in ein Shopping Center zu gehen.

Ich selber habe mich während des Feiertags (plus den zwei durch Wochenendarbeit hart dazu verdienten freien Tagen am Montag und Dienstag) natürlich nicht auf irgendwelchen Friedhöfen rumgeschlichen, um mir das Treiben aus nächster Nähe anzuschauen.
Was ich stattdessen gemacht habe, verrate ich im nächsten Eintrag. ;-)

Frohe Ostern!

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