Samstag, 7. Januar 2012

Zurück in Deutschland

Mir sind in der Woche in Deutschland noch einmal ein paar Dinge besonders aufgefallen, auf die ich gerne an dieser Stelle hinweisen möchte:

  • Die Ruhe: Bis zum Aufwachen ist absolut kein Geräusch an mein Ohr gedrungen. Als ich es am ersten Morgen gar nicht mehr gewohnt, dachte ich zunächst, ich hätte die Zeitumstellung nicht richtig verkraftet und es ist 4 Uhr in der nachts. Aber es war deutlich später und auch schon hell draußen. Ordentliche Isolierung gepaart mit weniger Verkehr und weniger Gehupe lässt grüßen! Allerdings kann ich nach dieser Erfahrung auch verstehen, dass es für Chinesen zu ruhig in deutschen Wohnungen und Häusern ist. Das habe ich schon mehrfach gehört. Für sie ist es eher beklemmend, abgeschieden von der Welt zu sein und das pulsierende Leben nicht mehr wahrzunehmen. Friedhofsruhe als Nahtoderfahrung sozusagen. 
  • Kaum Hektik: Die Tage vor Weihnachten gelten ja als besonders hektisch. Am 23.12. an einem großen Bahnhof kam es mir aber ganz anders vor. Alles lief ruhig und besonnen ab. Keine schreienden Unterhaltungen, auch die Züge quietschten nicht und die Ansagen wirkten tiefenentspannt. Als dann auch noch der ICE pünktlich einfuhr, war das Hektik-Niveau auf der Shanghai-Vergleichsskala im Minusbereich.
  • Die Öko-Kultur und das Bildungsbürgertum: Gut, eine ICE-Fahrt ist vielleicht nicht repräsentativ für Deutschland. Interessant war es aber trotzdem. Auf der einen Seite der Familienvater mit Frau und zwei Kindern, der seinen Sprößlingen aus der Grundschule alle paar Minuten die Feinheiten des neuen, ökologisch korrekten und technisch fortschrittlichen Hybrid-Autos vorgestellt hat. Da die Bedienungsleitung lang war, konnte er die ganze Fahrt mit den Finessen begeistern, z.B. wie viel Spannung die Batterie hat, wie dennoch einem Stromschlag mit Todesfolge für die Insassen vorgebeugt wird und natürlich wie sehr die Umwelt geschont wird. Obwohl die neue Familienkutsche wohl schon in Empfang genommen wurde, nahm man - sicherlich aus Rücksicht auf die Umwelt - für die Fahrt von Berlin nach Stuttgart trotzdem den Zug und ließ das Auto stehen. Auf der anderen Seite die Single-Frau Mitte Vierzig, die begeistert über die Umwälzungen in Nordkorea, die Persönlichkeitsentwicklung Jugendlicher aus Ost- und Westdeutschland sowie unterschiedliche Einstellungen zwischen den Generationen aus dem Nichts eine dezidierte, wohl durchdachte und fundierte Meinung von sich geben konnte. So etwas erlebt wohl an wenigen anderen Orten als in einem deutschen ICE.
  • Der Umgang mit Fäkalien: Nach ein paar Tagen drang eine innere Stimme zu mir, als ich eine öffentliche Toilette betrat, die so ungewöhnlich neutral gerochen hat. Was war denn hier los? Klar, jetzt fiel es mir auf, wie toll es doch tatsächlich noch einmal ist, wenn nicht jeder andere außer einem selbst das gebrauchte Toilettenpapier in einen Mülleimer neben der Toilette wirft, sondern es herunter gespült wird. Das ist in China unüblich und wird oft auch mit eindringlichen Warnhinweisen verboten. Sonst sind die Rohre schnell dicht - gewöhnen kann ich mich trotzdem nicht dran. Wenn sich eine Person diesbezüglich gegen den Strom stellt, scheint auch noch nichts Schlimmes in den Rohren zu passieren. :-)
  • Preise: Entgegen der gängigen Annahme musste ich noch einmal feststellen, dass Deutschland nicht zwangsläufig so viel teurer als Shanghai sein muss. Im Gegenteil, viele Dinge sind in Deutschland deutlich billiger. Man darf natürlich nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, aber pauschal kann man da kein einseitiges Urteil fällen. Gerade auch, wenn man sich die Wechselkursveränderungen zwischen RMB und EUR anschaut. 15 bis 20% Veränderung in wenigen Monaten machen sich dann doch spürbar bemerkbar.

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