Dienstag, 27. November 2012
Markttag (Teil 2)
Auf dem Weg vom People's Square nach Hause entlang der West Nanjing Road bin ich am Fake-Markt vorbei gekommen.
Ein komplettes Gebäude, 4 oder 5 Etagen, wahrscheinlich 100 Händler pro Etage: Hier findet man (fast) alles:
- gefälschte Abercrombie & Fitch-Pullis
- die aktuellen Fußball-Trikots aus aller Welt
- Poker-Sets
- alle denkbaren Varianten aktueller Handtaschen-Modelle
- DVDs & iPhones
- Brett-Spiele
- und natürlich der Klassiker: die Rolex-Uhr!!
Bei einigen Sachen sollte man aber den Fake-Markt meiden oder hat keinen Erfolg.
Beispielsweise brauchte ich für meine (nicht gefälschte) Armbanduhr einmal eine neue Batterie und dachte, dass mir einer der Uhrenhändler auf dem Fake-Markt sicherlich helfen kann. Wäre auch möglich gewesen, passende Batterien hatten die Händler.
Als ich sie bat, mir doch die Batterie einzusetzen, wurden sie aber auf einmal still und erschraken, als sie die Original-Uhr sahen. Generell sind die Händler oft die einzigen, die Original und Fälschung unterscheiden können.
Auf einmal wollte mir der Händler die Batterie nicht mehr verkaufen und schon gar nicht einsetzen. Es war ihm nicht mehr ganz geheuer. Er meinte offen, dass er keine Lust auf Ärger mit mir hätte, falls mit der Batterie doch etwas faul sei oder die Uhr irgendwann kaputt geht - nicht, dass ich ihn dann dafür verantwortlich mache und ihn zur Rechenschaft ziehen will. Ich versicherte ihm, dass ich die Batterie auf eigenes Risiko kaufen würde, aber er weigerte sich standhaft.
Aber er kannte noch einen anderen Uhrenhändler, der in einer Seitenstraße 50 m vom Fake-Markt entfernt ein eigenes, kleines Reparaturgeschäft betrieb. Nebenberuflich schien er auch noch Schlüssel zu kopieren. Also wurde ich dorthin geschickt und konnte - ohne jegliche Diskussion und Probleme - eine neue Batterie bekommen.
Auch beim DVD-Kauf meide ich den Fake-Markt - die Qualität ist oftmals nicht so gut. Stattdessen gehe ich lieber in einen richtigen DVD-Laden vor meiner Haustür, der einer Videothek in Deutschland nichts nachsteht. Hier muss man zwar etwas mehr zahlen, aber die Qualität ist dafür immer einwandfrei. Und die 1,50 Euro Gesamtpreis pro Film kann ich auch noch verkraften. Aber ich habe ja eh noch genügend Film-Material...
Auf dem Fake-Markt muss man natürlich alle Tricks und Kniffe des Verhandelns anwenden, die nur denkbar sind. Der verlangte Einstiegspreis ist oft 10fach höher als das, was man - nach guter, langwieriger Verhandlung - am Ende tatsächlich bezahlen muss (je nachdem, wie realitätsfremd und blauäugig man den Verkäufern am Anfang erscheint).
Man muss also entsprechend viel Zeit mitbringen, wenn man sich auf dem Fake-Markt eindecken will.
Da ich die Zeit aber eigentlich an dem Tag nicht mehr hatte, ging es weiter auf dem Weg nach Hause.
Station 4: Der Vogelmarkt
Kurz vor meiner Haustür ist am Wochenende regelmäßig ein Vogelmarkt.
Auf dem Gehweg postieren sich viele Händler, die in Käfigen Wellensittiche, Papageien und viele andere Vogelarten mitbringen und verkaufen möchten.
Drum herum werden auch noch Vogelfutter und sonstige Utensilien, die mal mehr und mal weniger mit Vögeln in Verbindung stehen, angeboten.
Anders als beim Fake-Markt interessiert mich hier das Produkt-Angebot leider nicht so sehr, deshalb habe ich das mir nur mal passiv angeschaut und ein paar Fotos gemacht:
Der Tag war somit schnell vorbei.
Auch wenn es noch viele andere Märkte in Shanghai gibt (z.B. der Blumenmarkt, der Künstler- und Bildermarkt, verschiedenste Essens-Märkte, ein Fisch-Markt, ...) , habe ich es für den Tag dabei belassen und die Märkte Märkte sein gelassen.
Ich war schließlich wieder zu Hause angekommen.
Samstag, 24. November 2012
Warme Marathon-Tipps
In einer Woche steigt der Shanghai Marathon.
Nach sechs Jahren Wettkampfpause habe ich mich entschlossen, auf der Halbmarathonstrecke anzutreten und meine persönliche Bestzeit aus dem ersten Rennen zu knacken.
Da trifft es sich gut, dass ich von den Organisatoren jetzt regelmäßig per SMS mit "warmen Tipps" versorgt werde.
Falls sich auch jemand von Euch dafür interessiert, was man so alles vor einem Marathon in Shanghai beachten sollte, hier eine kleine SMS-Auswahl der letzten Tage:
22.11., 21:27:
"Pls make good preparation including training in scientific way, prevention of injury and sickness, ensuring enough sleep n physical strength."
23.11., 21:04:
"Warm tips for SH Marathon: Pls do not litter plastic bags or garbage on the track at the starting line lest athletes behind u stumble during the running."
23.11., 21:18:
"Tips for SH Marathon: Marathon strengthens physique and pleasures body and mind. Let's build a green, environmentally-friendly and civilized track for SH Marathon"
Da kann doch jetzt eigentlich nichts mehr schief gehen!
Mittwoch, 21. November 2012
Markttag
Was ich dabei auf vier Stationen so alles erlebt habe, erfahrt ihr jetzt:
Station 1: Der Supermarkt
Supermärkte in China haben Einiges zu bieten.
Um meinen Kühlschrank aufzufüllen, verschlägt es mich manchmal in den chinesischen Ableger der sonst aus Frankreich bekannten Kette Carrefour. Dort gibt es auf zwei Etagen alles zu kaufen, was man sich denken kann (einzige Ausnahme: es gibt keine Taucherbrillen mit Schnorchel). Deshalb gibt es dort auch jeden Menschenschlag zu sehen, den man sich denken kann. Manch einer reist sogar von etwas Entfernung an, um mal ordentlich einkaufen zu gehen. Nur so lässt sich erklären, dass man hier gelegentlich von Mit-Einkäufern als Ausländer so behandelt wird, wie es sonst nur im Rest Chinas passiert: mit erstauntem Interesse!
Ein freudiger Ausruf "Obama!" mit hoch gerecktem Daumen wurde mir so schon einmal als Zeichen des Gesonnenseins bekundet.
Beim heutigen Besuch habe ich aber mein Augenmerk mehr auf die Frischwarenabteilung gelegt und mich dort - entgegen meiner sonstigen Einkaufsgewohnheiten - etwas intensiver umgeschaut.
Dabei sind mir begegnet:
- Schweine- und Hühnerfüße zum Knabbern:
- Zitteraale direkt neben dem Aquarium für sonstige Fische:
- die Stinkfrucht (Durian) in Massen:
- allerlei weiteres "Knabberzeugs" und getrocknetes Allerlei:
Für die Tierschützer unter Euch und auch alle Anderen verzichte ich auf weitere Bilder mit übereinander gestapelten Schildkröten (lebend und fidel aufeinander herumtrampelnd), die für den Kochtopf vorgesehen sind, Körbe voller Heuschrecken und sonstiger, mir nicht namentlich bekannter Larven.
Wer Interesse daran hat, sollte sich am Besten einfach mal selbst auf den Weg machen!
Es lohnt sich - es gibt viel zu sehen!
Station 2: Der Heiratsmarkt
Nach dem Einkauf ging es weiter.
Bevor Missverständnisse entstehen, eines vorweg: Nein, ich heirate nicht und ich habe es auch nicht in absehbarer Zeit vor.
Ich bin einfach mal so bei schönem Wetter herum gelaufen und im People's Park am People's Square im zentralsten Shanghaier Zentrum gelandet.
Nach ein paar Metern bin ich dann in diese Menschentraube gestolpert:
Vornehmlich ältere Menschen waren hier sehr beschäftigt zu Gange, alle schauten etwas betrübt, manche sogar richtig verzweifelt.
Ich begann, mich unwohl zu fühlen, wusste aber nicht genau, warum.
Meine Blicke schweiften unauffällig umher. Ich versuchte, mir einen Weg durch die Menge zu bahnen.
Dann kam ich in die Nähe dieses Tunnels. Schnell erkannte ich, dass hier an Wäscheleinen zahlreiche Zettel aufgehängt wurden. Jeder Zettel schien zu einem der anwesenden älteren Herren oder einer der älteren Damen, in einigen Fällen auch zu einem älteren Ehepaar, zu gehören.
Ein Blick aus der Nähe brachte weitere Erkenntnisse: Hier hingen Steckbriefe mit mal abwesend schauenden jungen Männern, mal schnittig uniformierten Soldaten oder Polizisten, mal unschuldig blickenden Frauen geboren in den 80ern. Denn meistens war ein Geburtsdatum zu lesen, dazu die exakte Größe und das Gewicht. Oft auch noch viele weitere Informationen, von Hobbies über Blutgruppe bis zu zurück liegenden Krankheiten.
Ich malte mir Einiges aus:
- Handelte es sich um politisch Verfolgte und Vermisste?
- Hat China in den letzten Jahren in einem Krieg zahlreiche Menschenleben verloren, denen gedacht werden muss?
- Sind diese Menschen alle todkrank und können sich die notwendige Medizin nicht leisten?
Letztere These stärkte sich, als ich ein paar Herrschaften in weißen Kitteln hinter einem Stand stehen und agitieren sah.
Irgendwann näherte ich mich dezent einer dieser Wäscheleinen, um ein paar genauere Blicke auf die Zettelchen zu werfen. Plötzlich tauchte eine dieser älteren Damen auf, zeigte ihr bestes Colgate-Lächeln und fing einen langen Monolog an, von dem ich maximal drei Worte verstand.
In dem Moment trat mir ein anderer jüngerer Mann zur Seite, stieß mir in die Rippen und meinte, für die auf dem Steckbrief abgebildete Dame müsste ich nur eine 120 qm-Wohnung im Zentrum Shanghais vorweisen - dann wären die Eltern einverstanden.
So langsam dämmerte es mir, wo ich gerade hinein zu geraten drohte: Ich befand mich auf dem Heiratsmarkt!
Auf einmal ergab alles einen Sinn:
- Eltern, die keine Chance auslassen, um die eigenen Kinder zu verkuppeln und an den Mann oder die Frau zu bringen
- Eltern, die natürlich eine ordentliche Mitgift vom zukünftigen Schwiegersohn in Form einer (abbezahlten) Eigentumswohnung erwarten
- Eltern, die schlechte Laune bekommen, wenn sich niemand mit Wohnung finden lässt oder die Tochter alle in Frage kommenden Kandidaten verschmäht, so dass sie das lokale "Verfallsdatum" für eine normale Hochzeit mit 25 Jahren, bei manchen Eltern vielleicht sogar 28 Jahren, überschritten hat
Als mir das alles schlagartig klar wurde, machte ich mich schnell auf zu meiner dritten Station für heute - und nach ein paar Minuten zu Fuß hatte ich dann auch endlich die Hunderte, ach was: Tausende von Lebensläufen passiert.
Auf mich wartete schließlich noch der Fake-Markt und der Vogelmarkt.
Mehr dazu in einem separaten Post.
Sonntag, 11. November 2012
Digitale Aufrüstung
Doch der Gegner rüstet auf:
Nicht nur der Zugang zur New York Times ist gesperrt, auch die Nutzung von Google mit allen dazugehörigen Diensten und Seiten wird immer weiter erschwert.
Und: jetzt werden anscheinend auch die VPN-Anbieter stärker attackiert.
Hier dazugehörige Artikel von Spiegel Online:
- http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/internet-machtkampf-um-den-parteitag-von-chinas-kp-a-866291.html
- http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/parteitag-kp-schraenkt-google-nutzung-ein-a-866482.html
Als ich mich eben bei meinem VPN angemeldet habe, kam dann auch eine Pop-Up-Nachricht, dass es aktuell in China wegen des Parteitags Schwierigkeiten gibt, die meinen VPN Anbieter genauso treffen wie alle anderen.
Aber es hat jetzt ja geklappt, mich hier anzumelden. Mal schauen, wie lange noch...
Samstag, 10. November 2012
Shanghai Traffic Lesson
Ich bin jetzt auf eine nette Beschreibung des Verkehrsablaufs in Peking gestoßen, die man gut und gerne 1 zu 1 auch für Shanghai durchgehen lassen kann.
Deshalb viel Spaß mit der Shanghai-Beijing Traffic Lesson:
http://soimgoingtochina.blogspot.com/2007/06/beijing-traffic-lesson-left-turn.html
:-)












